10 Fragen 2 Transformer: Moritz Schildt & Axel Daffner



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Heute im Interview: Moritz Schildt, Founder und Managing Partner nordIX sowie Founder der coinIX, einer der Top Investoren aus Deutschland im Blockchain Bereich und Axel Daffner, Managing Director Pegasos Capital und Fondsmanager des Art Transformer Equities, größter deutscher aktiver Aktienfonds mit Themenschwerpunkt Blockchain.

 Die Asset Manager, für die ihr tätig seid, gehören im Vergleich zu den Big Playern des Marktes, eher zu den kleineren Anbietern – was ist daran reizvoll?

Schildt: Bei der nordIX haben wir seit der Gründung uns immer wieder mit innovativen Sonderthemen beschäftigen können. Seit mehreren Jahren nutzen wir zum Beispiel sehr aktiv Credit Default Swaps in unseren defensiven Fonds zur Ertragsoptimierung, vor kurzem haben wir mit dem nordIX ECCF einen Fonds aufgelegt, der europaweit in Konsumentenkredite investiert. Solche Themen in großen Häusern umzusetzen, ist erheblich komplizierter. Diese Flexibilität finde ich sehr belebend und angenehm.

Daffner: Mit einem Rennboot hat man mehr Spaß als mit einem Kreuzfahrtschiff. Als ehemaliger SAP Berater habe ich die langwierigen Transformationsprozesse eines Großunternehmens miterlebt. In der Pegasos Capital können wir agil Projekte umsetzen ohne lange Entscheidungswege. Wir können die komplette Bandbreite an digitalen Technologien für uns nutzen.

Eure jetzigen Unternehmen, NordIX und Pegasos Capital, die Ihr in den letzten Jahren mit aufgebaut habt, zeichnen sich durch etablierte und funktionierende Geschäftskonzepte aus? Warum seid Ihr zusätzlich auch noch ein Transformer geworden?

Schildt: Ich glaube es ist wichtig und konsequent, nicht nur in traditionellen Strukturen zu verhaften. Kryptowährungen sind auf dem besten Weg, sich als eigenen Assetklasse auch für institutionelle Investoren zu etablieren, wer ein solches Thema nicht aktiv aufgreift läuft Gefahr, in wenigen Jahren dem Zug hinterherzulaufen.

Daffner: Bei der Menge an modernen Technologien die es heutzutage gibt, kann man ja gar nicht vor Begeisterung stillsitzen. Während mein Sohn aus Lego-Blöcken Neues entstehen lässt, beschäftige ich mich mit Anwendungsfällen der Blochchain-Technologie. Für mich ist das keine zusätzliche Arbeit, sondern die Freude das eigene Hobby zum Beruf gemacht zu haben.

Habt Ihr mit Eurer neuen Denkweise nicht Eure Kollegen und Partner verstört? Es gibt doch schließlich schon genug bei Euch in den Firmen zu tun?

Schildt: Ich habe ja nicht meine Denkweise geändert, sondern war immer schon Innovationen gegenüber aufgeschlossen. Als wir 2017 die coinIX gegründet und Positionen in Kryptowährungen gekauft haben, gab es einige Kollegen, die sehr skeptisch waren. Als unsere Aktie, die anfangs 1 EUR gekostet hat, irgendwann einen Höchststand von mehr als 8 EUR erreichen konnte, hat das natürlich das Interesse der Kollegen schon auf sich gezogen. Gerade im Zusammenwirken und an der Schnittstelle zwischen dem traditionellen Finanzmarkt und der dezentralen Finanzwelt sehe ich große Potentiale.

Daffner: Das ist natürlich die Kehrseite der Selbstständigkeit – selbst und ständig. Wenn man ein neues Projekt beginnen will braucht das intrinsische Motivation. Die Alternative nichts Neues zu probieren als vielleicht bei einem neuen Projekt zu scheitern, war für mich nie eine Option. Kollegen und Partner von seiner Vision zu überzeugen, steht immer am Anfang eines Projekts, aber letztendlich ist entscheidend gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

Warum musste es denn ein revolutionäres und transformatives Projekt werden? Deutschland ist doch sicher der falsche Standort für Transformationen?

Schildt: Deutschland hat eine tolle Historie als Standort für durchdachte und verlässliche Innovationen. Wir haben die erste Welle der Digitalisierung verschlafen, keiner der Riesen des Web 2.0 ist heute mehr in Deutschland. Ich habe die Hoffnung, das wir das beim Web 3.0 besser machen und Dienstleistungen und Produkte anbieten können, die nicht nur technologisch führend sind, sondern zugleich auch qualitativ und regulatorisch besonders gut sind. Ich habe die Hoffnung, dass wir in Deutschland bald einen Rechtsrahmen haben werden, der international anerkannt ist und uns ermöglicht, Krypto und Blockchain „made in Germany“ zu etablieren.

Daffner: Die Deutschen sind natürlich Weltmeister in Selbstkritik und Zynismus, aber haben schließlich auch den Computer erfunden – Silicon Valley hat damit viel Geld verdient. Deutschland hatte 2021 nach den USA die zweitmeisten Startups, die sich mit der Tokenisierung von Immobilien beschäftigen. So gerne man den Standort schlecht redet, so viel Risikokapital fließt auch inzwischen nach Deutschland. In München wurde vor 10 Jahren von Laptop und Lederhose gesprochen, jetzt entsteht das Isar Valley.

Was fasziniert Euch so an der Blockchain? Witzige Hunde als Zahlungsmittel, der Traum von Dezentralisierung oder einfach der Hype?

Schildt: Seitdem ich vor fast 10 Jahren meinen ersten Viertel-Bitcoin gekauft habe, gab es mehrere Erkenntnis-Runden. Ich glaube heute, dass es nicht um digitale und vermeintlich anonyme Zahlungsmittel geht. Die Zeit ist reif dafür, dass wir eine Infrastruktur bekommen, auf der Daten, die wertvollsten Assets unseres Jahrhunderts in einer sicheren, verlässlichen und transparenten Form gespeichert und genutzt werden können. Die Übertragung der Datenhoheit von zentralen Einrichtungen auf eine dezentral organisierte Community ist das eigentlich wesentliche.

Daffner: Die letzten Jahre hat die Menschheit damit verbracht fast alle Abläufe des täglichen Lebens in das Internet zu verlagern, einkaufen, arbeiten und sogar die Liebe. Nur dem anderen Gegenüber zu Vertrauen blieb der realen Welt vorbehalten. Die Blockchain kann Vertrauen in die digitale Welt bringen und damit zu einer grundlegenden Revolution unseres sozialen Gefüges beitragen. Überzogen dargestellt beweisen digitale Hunde genau das: Ich kann als Privatperson eine Spasswährung erstellen, der Millionen von Menschen weltweit vertrauen, die verlässlich funktioniert und wertstabiler ist als manch Währung einer vermeintlichen Weltmacht.

Könnt Ihr endlich Blockchain erklären?

Daffner: Für mich ist die kürzeste Erklärung: Die Blockchain ist digitales Vertrauen.

Schildt: Letztlich ist die Blockchain-Idee ganz einfach, ähnlich wie die Erfindung des Buchdrucks oder des Internets. Erst die intelligente Anwendung führt zur Disruption. Bei der Blockchain geht es darum, dass wir die Speicherung und damit auch die Interpretationshoheit über Daten grundlegend neu ausrichten. Anstatt zentraler Stellen, die unsere Daten vermeintlich sicher verwahren, nutzt die Blockchain ein dezentrales Netzwerk bei dem jeder teilnehmen und daran mitwirken kann, das gespeicherte Daten verlässlich sind, also nicht verändert, gelöscht oder manipuliert werden können. Parallel ist durch eine Verschlüsselung sichergestellt, das jeder User selbst entscheiden kann, ob und welche seiner Daten er transparent machen oder mit anderen teilen will.

Bei Transformation und Asset Management denkt man sofort an KI. Warum ist für Euch die Blockchain-Technologie eine Transformation?

Daffner: Die Blockchain wirkt wie ein Katalysator bei der Digitalisierung, die wir alle so bitter notwendig haben. Als Asset Manager ist es unser Ziel unsere Dienstleistungen möglichst leicht verständlich und möglichst komfortabel für unsere Kunden bereitzustellen. Je direkt und digitaler wir mit unseren Kunden interagieren können, umso kosteneffizienter wird die Dienstleistung. Wir stehen aber bei dieser Entwicklung erst am Anfang und haben noch einen weiten Weg vor uns.

Schildt: Es gibt viele Schnittstellen zwischen Blockchain und KI. Für Asset Manager hat KI großes Potential bei Analyse und Vorbereitung von Anlageentscheidungen. Die Blockchain-Technologie ist dagegen der Treiber, der aus meiner Sicht über kurz oder lang die Abbildung und Übertragung von Assets und damit insgesamt die gesamte Kapitalanlage auf eine digitale Grundlage überführen wird. Dabei werden an vielen Stellen Investoren die Möglichkeit haben, aktiver zu gestalten und sich quasi eigene Fonds oder eigenen ETF zusammenzustellen.

Wie und wann kommt ein Anwender bzw. ein Kunde Eurer Meinung nach im Alltag als ersts mit der Blockchain in Berührung, außer bei Renditeversprechen?  

Daffner: Die Verwahrung von Assets kostet die Banken in Europa derzeit bei der Zentralbank 0,5% Zinsen und ist weit komplizierter als man für eine Verwahrung erwarten würde. Die technische Möglichkeit ein einfaches Eigentums- oder Besitzverhältnis sicher zu dokumentieren bietet derzeit nur die Blockchain. Ich erwarte, dass recht zeitnah viele assets aus Kostengründen auf der Blockchain verwahrt werden. Vielleicht werden wir dies nicht mittelbar, aber auf alle Fälle unmittelbar auf Grund von Kostensenkungen merken.

Schildt: Es wird behauptet, dass die Adaption des Internets bei "normalen“ Nutzern stark durch pornographische Angebote gefördert wurde und User erst später verstanden haben, das es auch praktisch ist, das Internet zur Abfrage der Wettervorhersage oder für das online Banking zu nutzen. Für die Blockchain bin ich gespannt, welcher Use-Case hier zur breiten Adaption führen wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass Nutzer im Bereich Gaming und in virtuellen Welten – dem so genannten „Metaverse“ – zunehmend Blockchain-basierte digitale Werte nutzen werden und so spielerisch Erfahrung mit der Technologie machen werden. Wir haben in letzter Zeit gerade in diesen Bereich verstärkt investiert.

Was kann die Entwicklung der Blockchain-Technologie gefährden und was kann Sie fördern?

Daffner: Da die Blockchain das Potential hat grundlegendes soziales Gefüge zu verändern, ist die ein oder andere Machtposition gefährdet. Fast jedes autoritäre Regime der Welt hat wie beim Internet auch bei Kryptowährungen auf Verbote gesetzt. In der Vergangenheit ist man recht gut damit gefahren in Technologien zu investieren, die von solchen Regimen verboten wurden. Die Great Firewall of China war stets ein hervorragender Anlageberater.

Schildt: Die Blockchain ist die technologische Grundlage, auf der durch das Zusammenwirken einer Community das Vertrauen in die Richtigkeit von Daten hergestellt werden kann. Das Buzzword „Coopetition“, also die kooperative Zusammenarbeit von Wettbewerbern umschreibt, welche Tendenzen durch Nutzung der Blockchain unterstützt werden können. Ich gehe davon aus, dass alle Bereiche, in denen heute Bestätigungen, Atteste, Urkunden, Zertifikate oder Saldenbestätigungen ausgestellt und vorgelegt werden irgendwann durch digitale Nachweise abgelöst werden. Die Blockchain liefert genau an dieser Stelle die technologische Grundlage.

Klingt alles schön und gut, aber kann ich mich mit der Blockchain auch beschäftigen ohne einen Aktienfonds oder eine Beteiligungsgesellschaft zu managen?

Daffner: Das ist das Schöne an der Blockchain Technologie – sie ist für jeden mit einem Internetanschluss erreichbar. Sie hat 24 Stunden am Tag geöffnet, ohne Urlaub und Feiertage. Jeder der will kann das nächste Bitcoin Update programmieren, eigene Kryptowährungen erstellen und digitale Inhalte auf die Blockchain packen. Kryptowährungen sind sogar abwärts kompatibel – einen Bitcoin kann ich nicht nur via meinem wallet sondern auch per Fax verschicken, einen Euro nicht.

Schildt: Unbedingt. Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen, und wer in diesen Bereich investieren will, sollte das vorsichtig und mit einem klaren Blick auf die Risiken tun. Trotzdem empfehle ich jedem, mal ein Wochenende zu nutzen, um selbst eine eigene Wallet anzulegen einen kleinen Geldbetrag in Bitcoin oder andere Token zu tauschen und innerhalb der Familie Erfahrungen damit zu machen, wie eine blockchainbasierte Transaktion funktioniert. Weil der Verlust des Passwortes zum Verlust des Zugangs zur Wallet führen kann sollte man hier aber nur kleinsten Beträgen üben und für die richtige Kapitalanlage auf professionelle Anbieter setzen.

 

 


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