10 Fragen 2 Transformer: Daniel Andemeskel & Axel Daffner



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Heute im Interview: Daniel Andemeskel, Founder und Managing Director UI Enlyte und Head of Innovation der Universal-Investment-Gruppe und Axel Daffner, Managing Director Pegasos Capital und Fondsmanager des Art Transformer Equities, größter in Deutschland zum Vertrieb zugelassener aktiver Aktienfonds mit Themenschwerpunkt Blockchain.

1. Wieso ausgerechnet die Finanzindustrie?

Andemeskel: Mein Interesse und Einstieg in die Finanzwelt hatten schon in der ersten Klasse begonnen. Ich habe damals eifrig mein ganzes Taschengeld in das Schulsparen der ortsansässigen Sparkasse in Hessen investiert. Jeden Monat kam ein Vertreter der Bank und wir Schüler konnten Marken kaufen und in ein Heft kleben. War das Heft voll war, konnte man das Geld in ein Sparbuch einzahlen und bekam ein kleines Geschenk. Damals gab es tatsächlich noch Zinsen.

Diese Faszination für Finanzen hat mich seitdem nie mehr losgelassen und ich habe dann eines der ersten Wirtschaftsgymnasien in Hessen besucht und im Anschluss Wirtschaftswissenschaft studiert, weil es sowohl Volkwirtschaftslehre als auch Betriebswirtschaftslehre beinhaltete.

Daffner: In der zehnten Klasse habe ich im Fach Wirtschaft am Planspiel Börse der Sparkasse teilgenommen, bei dem wir ein Aktienportfolio aufbauen und für eine gewisse Zeit managen sollten. Wir saßen bei meinen Eltern zuhause und haben alle Tageszeitungen durchwühlt, um aktuelle Informationen über Unternehmen an der Börse zu bekommen, das Internet kannten wir damals noch gar nicht!

Mit dem dritten Platz in Bayern durften wir dann an der Preisverleihung teilnehmen, doch keiner von uns hat sich so richtig auf Bühne getraut. Lag wahrscheinlich an unserem Team Namen „Die drei geilsten Ratten“. Dies hat mich aber nicht davon abgehalten Kapitalmarktforschung in München zu studieren und Vermögensverwalter zu werden: Zunächst im Angestelltenverhältnis und inzwischen als geschäftsführender Gesellschafter der Pegasos Capital in München. Mich begeistert an der Finanzindustrie und insbesondere am Asset Management, dass ich Menschen helfen kann ihre Frage rund um das Finanzgeschehen in der Welt und ihren persönlichen Finanzbedürfnissen zu beantworten. Dafür muss ich stets politische, gesellschaftliche und technologische Entwicklungen im Auge behalten, da die Kapitalmärkte keine Pause oder Ländergrenzen kennen.

2. Wann haben Sie beschlossen ein „Transformer“ zu werden und sich gegen etablierte und funktionierende Systeme zu wenden?

Andemeskel: Neues entsteht ja meist nicht aus sich selbst, sondern aus der Kombination von Bestehendem. In meinem Fall waren und sind das Finanzwelt und IT. Ich habe schon in den 1990er Jahren zwei elementare Dinge für mich erkannt: Das IT eine zentrale Bedeutung für die Finanzindustrie hat und dass Information und Daten das wichtigste Gut in der Finanzindustrie sind. Im Studium habe ich das genutzt für meine praxisorientierte Diplomarbeit, in der ich ein Management-Informationssystem zur Bewertung von Portfoliomanagern für eine Investmentgesellschaft aufgebaut hatte. Dieses große Potenzial von interdisziplinären Synergieeffekten zwischen Finanzwelt und IT hat mich nie losgelassen und ist die Basis für meine weitere Passion, der Innovation, in der man sich dem Bestehenden annimmt und verbessert bzw. neu erfindet.

Daffner: Ich glaube nicht, dass man das beschließen kann, doch als unabhängiger und im Vergleich zu den großen Banken kleiner Vermögensverwalter muss man seinen Vorteil ausspielen und seine Flexibilität sowie Agilität nutzen: Während große Häuser starre Prozesse haben, um ihr Geschäft am Laufen zu halten, kann man sich als kleiner Vermögensverwalter schnell in neue Projekte und Themen stürzen. Daher haben wir uns bei Pegasos Capital schon immer damit beschäftigt unsere Prozesse so digital wie möglich zu gestalten und uns laufend auf neue Technologien zu konzentrieren.

3.  Haben Sie mit Ihrer Denkweise Gegenwind erlebt oder konnten Sie immer alle von Ihren Ideen überzeugen?

Andemeskel: Viele Menschen schätzen Veränderungen anfangs nicht. Das zeigen viele Beispiele wie die Erfindung der Eisenbahn, des Autos oder des PCs. Gegenwind ist deswegen ständiger Bestandteil eines Innovation Managers und ich habe früh gelernt, damit umzugehen.

Wichtig ist, dass man an seine eigenen Visionen glaubt und Menschen ihre Bedenken und Ängste vor der damit einhergehenden Veränderung nimmt. Zu einem sehr großen Bestandteil basiert dieser Widerstand gegen Innovationen in der Angst vor den Konsequenzen, wie wir es besonders in der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert beobachten konnten. Meiner Überzeugung nach hat die Blockchain-Technologie eine damit vergleichbare Dimension. Sie ist für mich eine Revolution und einen Paradigmenwechsel im Finanzmarktgeschehen, da sie fundamental den Prozess der Übertragung jeglichen Vermögenswert verändert. Die Menschen davon zu überzeugen, daran arbeite ich jeden Tag.

Daffner: Bei dieser Frage erinnere ich mich gerne an einen Vortrag von Andé Kostolany damals im Audi Max an der Universität in München, in dem er unter anderem auch sein bekanntes Zitat brachte: "Gewinne an der Börse sind wie Schmerzensgeld. Erst kommen die Schmerzen und dann das Geld." Bei unserem Fonds ART Transformer Equities war es ähnlich. Die Idee für den Blockchain-Fonds hatten wir bereits Mitte/Ende 2017, die Auflage des Fonds bzw. das Seed Money kam erst im Mai 2019. Danach haben wir keine Gelegenheit ausgelassen den Fonds vorzustellen und sind durch ganz Deutschland getingelt, um Private, wie auch institutionelle Investoren von unserer Investmentthese zu überzeugen. Auf dem Weg haben wir uns natürlich von erfahrenen Investoren teilweise anhören müssen, wir sollten Ihnen nicht die nächste Dotcom Blase verkaufen oder das Thema Blockchain sei im Kontext mit der Kryptowährung Bitcoin unseriös. Doch es wird besser und das B in Blockchain steht nicht mehr für Blase, sondern für Basistechnologie, die unser Leben verändern wird, genauso wie das Internet.

4. Lohnt es sich ein Transformer zu sein oder bringt das nur viel Arbeit ohne Payoff?

Andemeskel: Es lohnt sich definitiv! Es ist sehr sinnstiftend, wenn es einem gelingt, ineffiziente Prozesse und Systeme durch Innovationen zu transformieren, weil man im besten Sinne wirksam ist. Dazu gehört aber auch Ausdauer. Nicht jeder mag Veränderungen und den Faktor Mensch sollte man immer berücksichtigen.

Daffner: Es ist immer einfacher in seiner Komfortzone zu bleiben und alles beim Alten zu belassen. Doch für mich war und ist das keine Alternative. Scheitern gehört zum Erfolg und lieber habe ich aus einem gescheiterten Projekt gelernt, als es gar nicht probiert zu haben. Wir hätten den Blockchain-Fonds nicht aufgelegt, wenn wir nicht langfristig von der Idee des Fonds im Speziellen und der Blockchain Technologie im Allgemeinen überzeugt wären.

5.  Wo war der erste Kontakt mit der Blockchain Technologie?

Andemeskel: Ich mag es per se, neue Technologien und deren Auswirkungen auf die Finanzwelt zu verstehen. Schon als 2008 das Bitcoin-Projekt gestartet wurde, hat mich diese Technologie fasziniert. Sie schafft Lösungen für ineffiziente Finanzsysteme – das Beispiel von Axel Daffner für den Zahlungsverkehr ist da ein sehr prägnantes – und baut dabei auf ein ganz neues System, dezentral und verteilt. Es ist sozusagen das Internet für das Finanzmarktgeschehen. Die Blockchain-Technologie ist zudem kryptografisch, setzt also auf Verschlüsselung. Das ist die Grundlage und der Zündfunken für meine Vision, dass Investments so einfach, sicher und effizient möglich sein sollten wie Bücher online zu kaufen. Investments und Fonds sind aber keine Bücher und die Finanz- und Investmentbranche sehr stark reguliert. Es gab deswegen mehr als eine Herausforderungen, bis wir mit UI Enlyte eine der weltweit ersten regulatorisch konformen Investmentplattformen für digitale Assets starten konnten – aber wir haben es geschafft.

Daffner: Bevor die Idee zu dem Fonds geboren wurde bzw. klar war den Fonds überhaupt aufzulegen, hatte ich mehrfach Kontakt mit der Blockchain Technologie, am häufigsten natürlich in Zusammenhang mit dem Bitcoin. Doch als am meisten überzeugend, würde ich einen konkreten Anwendungsfall bei einem Bekannten von mir beschreiben, der mir die Sinnhaftigkeit und den Nutzen dieser Technologie deutlich gemacht hat. Er hat für seine kiefernchirurgischen Labore schon jahrelang Materialien in China bestellt. Er hat sich immer daran gestört, dass von Bestellung bis Lieferung mehrere Wochen vergingen. Allein für die Abwicklung der Zahlung vergingen bis zu zwei Wochen. Eigentlich kein Wunder, wenn man sich überlegt, wer an einem grenzüberschreitenden Bezahlvorgang alles beteiligt ist: Geschäftsbanken, Zahlungsabwickler, Zentralbanken usw. usw. Alle mit unterschiedlichen Interessen und vor allem Systemen. Auf der Suche nach einer einfachen, schnellen und transparenten Möglichkeit ist er damals auf das Bitcoin-Netzwerk gestoßen. Ab dem Zeitpunkt hat er seine chinesischen Lieferanten mit Bitcoin bezahlt und zwar in wenigen Minuten (Bitcoin-Blocktime ca. 10 Minuten).

6.  Können Sie mir endlich Blockchain erklären?

Daffner: Es handelt sich um eine Basistechnologie, ähnlich der Cloud-Technologie, die überall dort zum Einsatz kommen kann, wo Werte digital übertragen werden. Werte können bspw. Buchungen, Transaktionen oder auch Verträge sein. Die Blockchain schafft mathematisch eindeutiges Vertrauen in einer digitalen Welt.

Andemeskel: Die Blockchain Technologie ist eine dezentrale Datenbank, die die Übermittlung, Abwicklung und Verwaltung von jedem Vermögenswert ermöglicht. Ein Blick in die Praxis zeigt, dass diese neue Technologien weitreichende Möglichkeiten bieten, Transaktionen oder Prozesse zu beschleunigen und kundenfreundlicher zu gestalten.

7.  Warum von allen Technologien ausgerechnet Blockchain? In Ihrer Branche ist KI oder Machine Learning wohl erheblich wichtiger, wenn es um den Bereich der Wissensverarbeitung geht.

Daffner: Blockchain hat das Potential Grundsätze unserer Gesellschaft zu verändern – keine andere technologische Entwicklung der letzten Jahre übt aktiv Druck auf Zentralbanken, die mächtigsten Institutionen der Welt, aus. Künstliche Intelligenz und Machine Learning werden definitiv unseren Arbeitsalltag erleichtern, aber nicht unser soziales Gefüge verändern. Die Blockchain kann unser Leben in vielen Bereichen revolutionieren.

Andemeskel: Die Blockchain-Technologie erhält derzeit viel Aufmerksamkeit. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie die Investmentwelt nicht nur verändern, sondern revolutionieren wird – und eigentlich passiert das bereits heute. Denn die Idee eines dezentralen, unveränderbaren Datenregisters birgt das Potenzial, die gesamte Finanzwelt auf den Kopf zu stellen. Der wesentliche Unterschied zu anderen Entwicklungen der vergangenen Jahre ist, dass die Technologie nicht nur an den Symptomen von Ineffizienzen in der Finanzindustrie ansetzt, sondern an deren Ursachen ansetzt, indem beispielsweise viele Intermediäre nicht mehr in der bisherigen Form gebraucht werden.

8. Was sind die Low hanging Fruits of Blockchain?

Daffner: Meiner Meinung nach und das ist natürlich jetzt durch die Brille eines Vermögensverwalters betrachtet: Die Tokenisierung von Finanzprodukten: Die zusätzliche „digitale Auflage“ von bereits existierenden Wertpapieren, eröffnet ungeahnte Möglichkeiten, unter anderem im Marketing und Vertrieb. Die Blockchain kennt keine regionalen Vertriebsgrenzen.

Andemeskel: Das stimmt und ergänzend lässt sich sagen, dass sich immer mehr in der Finanzbranche mit den neue Möglichkeiten beschäftigen wie die auf Smart Contracts basierende Tokenisierung. Gerade die Tokenisierung von Alternative Assets wie beispielsweise Infrastrukturinvestments, Real Assets und Private Equity ermöglicht Investoren einen deutlich einfacheren Zugang zu bisher nicht fungiblen Vermögenswerten – weil man beispielsweise einen Windpark nicht komplett kaufen muss, sondern einen Anteil daran erwerben kann.

9. Wo liegt die weite Zukunft von Blockchain?

Daffner: Ganz weit gesponnen, und im Sinne von Satoshi Nakamoto ( Verfasser des Whitepaper zur Bitcoin Blockchain) liegt in der Blockchain-Technologie das Potential ein globales Finanzsystem ohne Zentralbanken und ohne ein Machtgefüge mit politischen Interessen, zu schaffen.

In der Praxis sind beispielsweise bei Lieferketten vollkommen anonyme und globale Geschäfte über unbegrenzte Volumina vorstellbar.

Für diese vielleicht utopische Zukunftsvision ist natürlich noch viel technologische Entwicklung notwendig: Blockchains müssen erheblich skalierbarer werden. Diese technische Entwicklung schreitet laut der Gartner Group erheblich schneller voran als erwartet. Nicht zuletzt bedingt durch die Corona-Pandemie, die sehr viele Lücken im System bzw. in der Digitalisierung aufgedeckt hat.

Andemeskel: Ihr volles Potenzial wird die Blockchain-Technologie erst bei ganzheitlicher Betrachtung entfalten, also durch eine Verknüpfung aller auf ihr basierenden Wertschöpfungsteile zu einem gesamten und integrierten Ökosystem. Daher wird eine der entscheidendsten Herausforderungen der nächsten Zeit sein, verschiedene Spieler der Investmentwelt zu mobilisieren und zu motivieren, gemeinsam ein digitales Ökosystem zu schaffen, das es ermöglicht, Kunden umfassende End-to-end-Lösungen anzubieten. Das ist auch der Grund, warum wir bei UI Enlyte, unserer Investmentplattform für digitale Assets, auf ein ganzheitliches digitales Konzept setzen, von der Auflage über die Administration, den Handel und die Verwahrung. Meine Vision ist, dass in Zukunft nicht nur die Vermögensgegenstände im Fonds, sondern der Fonds an sich rein digital auf der Blockchain abgebildet werden kann – die Zeichen dafür stehen gut.  

10.   Klingt alles schön und gut, aber wo finde ich mehr Informationen über Blockchain? Kann ich auch in die Blockchain investieren oder ist das nur der Finanzelite vorbehalten?

Daffner: Das ist genau das Phänomen und einzigartige an der Blockchain Technologie – die Entstehung und bisherige Entwicklung findet dezentral, abseits der bekannten Konzernstrukturen statt. Viele Unternehmen laufen der Technologie inzwischen hinterher. Dementsprechend finden sie die wichtige Information zu den größten Blockchains, deren Funktion, sogar deren Source Codes öffentlich und kostenlos. Sie können jederzeit den Bitcoin Source Code umändern und Vorschläge machen. Wenn sich genügend Interessenten finden, können Sie das nächste Bitcoin update entwerfen. Das kommt einer Währungsreform aus dem Keller gleich.

Andemeskel: Die Idee von Blockchain ist im besten Sinne demokratisch und nicht elitär. Durch das sinnvolle Einsetzen bekommen Menschen in Zukunft Zugang zu bestimmten Investmentprodukten, der ihnen beispielsweise wegen sehr hoher Mindestanlagen oder initialer Kosten nicht möglich war. Die Vision hinter Enlyte ist es deshalb, das Kaufen und Verkaufen von digitalen Vermögenswerten einfach, sicher und effizient zu machen – und zwar für jeden.


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